Hockey Nachrichten

West-Dominanz mit drei Meistertiteln

Das Resümee der DHB-Sportbeobachter bei der DM des männlichen Nachwuchses

 

02.03.2015 - Einen Titeltriumph der Mannschaften aus Nordrhein-Westfalen gab es bei den Deutschen Hallenmeisterschaften 2015 im männlichen Nachwuchsbereich. Uhlenhorst Mülheim holte bei der Jugend A (Foto oben) und der Jugend B, der Düsseldorfer HC bei den Knaben A den Siegerwimpel in den Westen. Nicht nur auf die reinen Ergebnisse haben die offiziellen DHB-Sportbeobachter bei den Endrunden geschaut. Was Torsten Althoff (MJA Bietigheim), Valentin Altenburg (MJB Berlin) und Matthias Becher (KA Oelde) aufgefallen ist, haben sie hockey.de erzählt.

 

Jugend A: Zehlendorf fehlten nur 21 Sekunden zum Titel

So nah waren die Zehlendorfer Wespen noch nie an ihrem ersten DM-Titel im männlichen Jugend-bereich. Bis 21 Sekunden vor Schluss führten sie in Bietigheim im Endspiel der 46. Deutschen Hallenmeisterschaft der Männlichen Jugend A gegen Uhlenhorst Mülheim mit 1:0. Ein frühes Kontertor, eine aufmerksame Defensive und ein bärenstarker Torhüter Rose ließen die Wespen-Träume reifen. Favorit Mülheim biss sich 30 Minuten lang die Zähne aus, bewahrte aber die Geduld für ein abgeklärtes Aufbauspiel, das in letzter Minute Malte Hellwig in Schussposition brachte. Sein Knaller unter die Latte rettete Mülheim in die Verlängerung und später ins Siebenmeterschießen. Hier wurde der im Spiel kaum beschäftigte Uhlenhorst-Keeper Alexander Glees zum Helden, als er gegen gleich drei (von vier) Wespen-Schützen parierte. Gegen die guten Mülheimer Schüsse hatte Rose dagegen kein Abwehrglück. Nach dem 3:1 war Schluss, Mülheim hatte seinen zehnten Hallen-Meisterwimpel in dieser Altersklasse.
Damit war auch der vierte Wespen-Versuch seit 2011 gescheitert, in einem DM-Finale den ewigen Rivalen Mülheim zu bezwingen. Zweimal bei den Knaben A und einmal bei der Jugend B waren die Berliner gegen Uhlenhorst gescheitert. Die Zuschauer auf der voll besetzten Tribüne waren, soweit nicht Mülheimer Angehörige und Fans, emotional eher für die Wespen. Die Westdeutschen hatten sich am Vortag einiges an Kredit beim neutralen Publikum und ganz speziell beim TSV Mannheim verspielt. Der süddeutsche Meister sah sich um die Halbfinalteilnahme gebracht, weil im letzten Vorrundenspiel der als Gruppensieger feststehende HTCU sehr offensichtlich Kräfte schonte und Kreuznach einen 3:2-Sieg gönnte, der den KHC anstelle von Mannheim in die Vorschlussrunde brachte. „Es ist legitim, was Mülheim da angesichts der Gesamtbelastung seiner Stammspieler gemacht hat. Mannheim ist selbst schuld am Ausscheiden, es muss zuvor gegen den BHC einfach den Sack zumachen“, meinte DHB-Beobachter Torsten Althoff zum viel diskutierten Ausgang der Gruppe B.
Das Gruppenspiel zwischen Mülheim und Mannheim (4:0) bezeichnete Althoff als „das beste“ der DM. Es war ein wahres Offensivspektakel, bei dem vor allem TSV-Angreifer Nicolas Proske bei zahlreichen Torabschlüssen das Pech am Schläger klebte und Mülheim wie in keinem anderen Spiel auch mal in der Defensive in Verlegenheit geriet. Wie fast allen Teams ging Mannheim zum Turnierende hin ein wenig die Puste aus.

Nach relativ leichtem Durchkommen im Halbfinale (Mülheim schaltete Frankenthal 9:2 aus, Zehlendorf brach den Kreuznacher Widerstand in der zweiten Halbzeit zum 5:1-Endstand) nahm das erstaunlich torarme Finalspektakel seinen Lauf. „Die Wespen waren oft statisch und geduldig im Aufbau, doch konnten sie im richtigen Moment auch immer Gas geben“, befand Beobachter Althoff, der die Achse um TW Rose, Kapitän Große, Abwehrspieler Buß und Angreifer Prinz aus einer „sehr ausgeglichen besetzten Mannschaft“ noch herausragen sah. Letztlich reichte es doch nicht ganz, um die mit enormer mannschaftlicher und individueller Qualität ausgestatteten Mülheimer in Schach zu halten. „Mit ihrem haargenauen, quasi fehlerlosen Passspiel befinden sie sich manchmal auf ihrem eigenen Niveau“, sagte Torsten Althoff über den Meister.
Ins Allstar-Team berief der DHB-Beobachter Torwart Hendrik Rose (Wespen), für die Abwehr Kilian Pöhling (Harvestehude) und Johannes Gans (Frankenthal), als Mittelspieler Timm Herzbruch (Mülheim) und in den Angriff Max Godau (Mülheim) und Moritz Rothländer (Kreuznach), wobei sich Althoff bei der Festlegung der Angriffsreihe am schwersten tat: „Die Anzahl der individuell richtig guten Stürmer war wirklich hoch hier“, erfreute sich der baden-württembergische Landestrainer und frühere U18-Nationaltrainer über viele gelungene Offensivaktionen. So hätten auch Nicolas Proske (TSVM), Paul Zettler (TGF), Malte Hellwig (Mülheim), Thies Prinz (Wespen) oder Raphael Hartkopf (Düsseldorf) eine Berufung verdient gehabt. Ebenso wie ohne Weiteres auch Johannes Große (Wespen) oder das Mülheimer Aufbaupaar Max Werner/Tobias Terber ins Allstar-Team gepasst hätten.
Sehr positiv war Althoff vom Umgang zwischen Trainern und Schiedsrichtern angetan. „Da hat sich in den vergangenen fünf bis zehn Jahren eine begeisternde Entwicklung ergeben“, hat der Verbandstrainer eine oftmals ganz andere Atmosphäre in Erinnerung. „Das gute Klima macht es dann für alle auch einfacher, mal Fehler zu verzeihen, wie sie nun mal bei Spielern wie auch Unparteiischen vorkommen. Wobei es so viele grobe Fehler bei dieser DM sicherlich nicht gab.“
Die DM-Ausrichtung des Bietigheimer HTC empfand nicht nur der sportliche Beobachter als äußerst gelungen. „Halle und Stimmung waren gut, das Orga-Team hat mit seinen vielen Helfern und zahlreichen pfiffigen Ideen eine hohe Professionalität an den Tag gelegt“, so Torsten Althoff.

Jugend B: Titelverteidiger verhindert Heimerfolg

Der Heimerfolg lag in der Luft bei der 44. Deutschen Hallenmeisterschaft der Männlichen Jugend B in Berlin. Aber letztlich nahm doch der Titelverteidiger aus Mülheim den blauen Siegerwimpel mit in den Westen. Der HTC Uhlenhorst gewann das Endspiel mit 2:1 gegen den TC Blau-Weiss Berlin, wurde damit zum zehnten Mal Deutscher Hallenmeister in dieser Altersklasse. „Die beiden individuell stärksten Teams standen im Finale“, befand DHB-Beobachter Valentin Altenburg, der Mülheim als „verdienten deutschen Meister“ bezeichnete und dabei die „sehr gute und besonnene Coaching-Leistung“ von Uhlenhorst-Trainer Johannes Schmitz hervorhob.
Die beiden späteren Finalisten gingen ohne Verlustpunkt durch die Gruppenphase. Blau-Weiss sicherte sich mit einem 2:1-Halbfinalsieg über den UHC Hamburg die erste DM-Endspielteilnahme der Vereinsgeschichte. Mülheim schaltete im zweiten Vorschlussrundenspiel den Club an der Alster mit 4:1 aus, so dass es im kleinen Finale ein rein Hamburger Aufeinandertreffen gab, das der UHC mit 3:1 für sich entschied. „Die beiden strukturiertesten Teams waren im Spiel um Platz 3“, gab es ein Lob des U21-Bundestrainers für die Spielanlage der beiden Hanseaten.
Da es sich beim Endrundenfeld um acht Nachwuchsteams von Bundesligaclubs handelte, war entsprechend „sehr viel Trainerprominenz und Qualität in der Halle“. Altenburg fand Gefallen daran, dass die Mannschaften offensiv ausgerichtet waren und auch viele Tore fielen. Beispielhaft im Positiven wie im Negativen sei der Münchner SC gewesen. Der Südvizemeister habe, so der Beobachter, „tolle Tore rausgespielt und gleichzeitig zu viele Einladungen verteilt“. Überhaupt war es für die drei Vertreter des Südens mit den drei letzten Plätzen ein unglückliches Turnier. Dem Nürnberger HTC attestierte Altenburg, mit seinem jungen Team „ein gutes Turnier gespielt“ zu haben, bei dem für den NHTC „noch mehr drin“ gewesen wäre. Ähnlich ging es dem Crefelder HTC, dem im entscheidenden Spiel um den Halbfinaleinzug gegen Alster nur ein Tor bzw. eine Minute für den Einzug unter die besten Vier fehlte.

„Alle Mannschaften haben stark angefangen und zum Ende hin abgebaut. Außer UHC und Mülheim hatte keine Mannschaft spielerische Akzente von der Bank. Das ist für so ein Turnier zu wenig“, sah Valentin Altenburg in seinem sportlichen Gesamtfazit die Leistungsbreite in den Kadern durchaus kritisch.
Ins Allstar-Team berief Altenburg ausschließlich Akteure der beiden Finalisten: Torwart Benny Kurney (BW), die Verteidiger Fedor Bock (BW) und Cornelius Heidmann (UM), als Mittelspieler Niklas Bosserhoff (UM) sowie als Angreifer Jan Schiffer (UM) und Paul Dösch (BW). Letzterer habe eine „herausragende Leistung“ geboten, wollte der Bundestrainer den Berliner noch gesondert hervorheben. Valentin Altenburg sprach auch von einer „guten Entwicklung“ bei Philipp Hemmersbach (UM), Benjamin Benzinger (NHTC) und Linus Michler (CHTC).
Bei der Meisterschaft im Berliner Horst-Korber-Sportzentrum habe eine „super Stimmung“ durch eine „starke Ausrichtung von Blau-Weiss“ geherrscht, meinte der Sportbeobachter, der auch die „gute Leistung der Schiedsrichter, besonders im Finale“ ansprach. Im Endspiel kamen Thomas Hinsken und Jan-Hendrik Kasper zum Einsatz.

Knaben A: Düsseldorfer HC mit Top-Leistung im Finale

Der Düsseldorfer HC hat den Titel-Hattrick des HTC Uhlenhorst Mülheim bei den diesjährigen Hallenmeisterschaften im männlichen Jugendbereich verhindert. Im Endspiel der 45. Hallen-DM der Knaben A in Oelde schlug der DHC seinen ewigen Rivalen mit 2:1. Für Düsseldorf war es der zweite Meistertitel (nach 2000) in dieser Altersklasse und zugleich auch eine gelungene Revanche für die im Feld-DM-Finale 2014 bezogene 2:8-Niederlage gegen Mülheim.
„Dass beide bereits das Feld-Endspiel bestritten haben, zeigt die Stärke dieser zwei Teams“, konstatierte DHB-Beobachter Matthias Becher die herausragende Stellung der beiden West-Vertreter. Blockweise ging es in den Platzierungen weiter: Die Ränge drei bis fünf blieben für die drei Teams aus der Nord-.Ost-Qualifikation, während die drei Süd-Vertreter auf den letzten drei Plätzen abschlossen. „Die Platzierung gehen durch die am diesem Wochenende gezeigten Leistungen in Ordnung“, sah der U16-Bundestrainer einen leistungsgerechten Ausgang.
Für Becher war Mülheim der Favorit im Endspiel. Die Uhlenhorster nahmen ihren Weg ins Finale deutlich souveräner als Düsseldorf, das über die Gruppenspiele hinweg und auch im Halbfinale (nach 0:2-Rückstand gegen Braunschweig noch knapper Sieger nach Siebenmeterschießen) oft unzufrieden wirkte und sich zurecht nur mit knappen Ergebnissen durchsetzte. „Aber sie haben sich ihre Top-Leistung offenbar fürs Finale aufgehoben und deshalb Glückwünsche Trainer Karol Podzorski und seine Düsseldorfer Jungs“, gratulierte Matthias Becher dem DHC, der bereits im WHV-Endspiel Mülheim mit 6:2 bezwingen konnte.
„Insgesamt positiv, dass durchweg offensiv gedacht wurde und mit offenem Visier und Leidenschaft bei jedem einzelnen Spiel an beiden Tagen bis zum Schluss ans Limit gegangen wurde“, erfreute sich der Beobachter an der grundsätzlichen Ausrichtung der acht Teams, um dann doch noch detaillierter auf die einzelnen DM-Teilnehmer einzugehen. „Frankenthal ist spielerisch deutlich abgefallen und hatte zum Glück mit Alex König den besten Keeper. Stuttgart und München, immerhin mit technisch sauberem und bravem Spielvortrag, waren an diesem Wochenende nicht durchschlagskräftig genug. Sie hatten zwei, drei interessante Spieler oder jüngere Talenten pro Team, von welchen sich Niclas Schippan (MSC) noch einmal abgehoben hat. Der Berliner HC konnte mit mit biederem Spielstil seinen Titel zurecht nicht verteidigen, wobei sie durchaus einige sehr interessante Spieler in ihren Reihen haben, die ihr Potenzial aber nicht wie gewünscht abrufen konnten“, merkte Becher zu den unteren vier Teams an.

Überraschungs-Halbfinalist Braunschweig habe von allen Mannschaften seine Stärken am effizientesten eingesetzt, wurde angeführt von Volkan Baser (Becher: „Einem der Topspieler des Turniers“) und einem „der wenigen richtig Guten im defensiven Zweikampf“, Philipp Putze. „Der BTHC hat es geschafft, an seinem Limit zu spielen, und somit völlig verdient Platz vier geholt“, so der Bundestrainer. Die ersten drei Teams konnten sich noch einmal absetzten, was sich auch an „gesteigerten Anzahl der interessanten oder schon sehr guten Spieler“ zeige. So habe Alster „nach Mülheim die technisch besten Spieler und 2000er mit Potenzial“. Das etwas zu hohe Halbfinalergebnis (2:6 gegen Mülheim) täusche über die enge erste Halbzeit hinweg, in der Alster gut mithalten konnte. Becher: „Im Endeffekt waren mit Luca Wolff und Nik Kerner die talenttiertesten Spieler des 2001-Jahrgangs in diesem Jahr gegen extrem starke Mülheimer noch nicht durchsetzungsfähig genug, dass es für ganz oben reicht.“ 
Mülheim hatte in den Augen des Beobachters mit Robert Duckscheer und Max Dickel „zwei absolute Topspieler des Turniers in seinen Reihen“ und dahinter mit drei, vier 2001ern, allen voran Moritz Ludwig, „wieder einmal die technisch mit weitem Abstand besten Spieler. Das schon eine Augenweide - und hoffe, dass sich andere etwas abschauen können in diesem Bereich“, sagte Matthias Becher.
Bei Düsseldorf stehe Masi Pfand „stellvertretend für den ergebnis- und wirkungsorientierten Spielstil der gesamten Mannschaft“. Mit Julius Hayner und Felix Heusgen hat Becher „neue, interessante Spieler kennen gelernt“, außerdem habe der neue Meister „durchweg am besten verteidigt“.
Auf die Bildung und Auszeichnung eines Allstar-Teams wurde von Seiten des Ausrichters TV Jahn Oelde verzichtet. „Ich werde den Trainern einzeln Rückmeldung geben“, versprach Matthias Becher, der sich wie alle Besucher beim westfälischen DM-Gastgeber wohl fühlte. „Es war eine herzliche, gelungene Ausrichtung in Oelde. Es ist immer positiv, wenn die sogenannten kleinen Vereine das machen“, befand Becher. Zu den Leistungen der jungen Unparteiischen befand der Sportbeobachter, dass er die „neue Schiedsrichtergeneration, die mit den Spielern gemeinsam und auf Augenhöhe agiert und somit die Spiele unauffällig, ohne Karten lenkt“, gerne sehe. Manche der in Oelde eingesetzten Schiris werden sich „bestimmt noch in diese Richtung weiter entwickeln“, auch wenn es in der „aufgeladenen Altersklasse Knaben A schwer“ sei.

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16. April 2024
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